Triathlon und / oder Ultralauf?
13. August 2019ELSCH-Test: Der Wunderschuh – Was kann er wirklich?
2. Oktober 2019Jeder hat sie, seine Stärken, aber auch seine Schwächen. Und immer wieder hört man Ratschläge und Aussagen wie diese:
- „Arbeite an Deinen Schwächen!“
- „Eine Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied.“
- „Am Ende gewinnt der komplette Athlet.“
- „Besinn Dich auf Deine Stärken.“
- „Das ist das, was Dich (immer) stark gemacht hat.“
Und ja, überall steckt mehr als ein Funken Wahrheit dahinter. Dennoch sollte man sich als Trainer oder Athlet genau überlegen, ob es Sinn macht, an (s)einer Stärke oder an (s)einer Schwäche zu arbeiten. Die entscheidende Frage ist eher, ob es sich „lohnt“?
Um diese Frage beantworten zu können, sollte man seine Stärken und Schwächen erstmal genau unter die Lupe nehmen und analysieren. Viel zu oft kommt es vor, dass eine vermeintliche Schwäche versucht wird zu „bekämpfen“, obwohl sie entweder gar kein ernstzunehmendes Problem darstellt oder der Aufwand in keinem Verhältnis zum Nutzen steht. Für beides möchte ich Euch Beispiele aus meinem Coaching-Alltag aufzeigen.
Kein ernstzunehmendes Problem:
Nicht immer ist eine Schwäche Teil einer Kette, so dass die Gesamtleistung nicht (wesentlich) davon beeinträchtigt wird. Als klassisches Beispiel hierfür lassen sich individuelle Technikabweichungen nennen. Auch wenn es sicherlich auch grobe Fehler gibt, die sowohl Gesundheit und Leistung negativ beeinträchtigen können, erlebe ich viel zu oft, dass im Sinne einer optimalen Technik (Idealbild) versucht wird, durch spezielle Technikübungen den Sportler in eine ihm nicht eigene Form zu drängen und „Fehler“ auszumerzen, die für die reine Geschwindigkeit oder Bewegungsökonomie keinen Verlust bedeuten müssen. Hier gilt es viel mehr, für den Sportler die passende Technik zu finden und seine Eigenheiten zu nutzen. Ein weiteres Beispiel wäre, wenn ein Athlet versucht, an seiner Kraft oder Schnelligkeit zu arbeiten, weil er gelesen hat, dass ein typischer Hawaii-Qualifikant Kniebeugen mit 90kg Last oder einen 200m Lauf unter 27s absolvieren kann. Sicher sind solche Voraussetzungen gut und nützlich, aber eben alles andere als für den Langstreckler entscheidend.
Aufwand in keinem Verhältnis zum Nutzen:
Hier denken viele zu Recht sicherlich gleich an das klassische Beispiel des „schlechten Schwimmers“. Der zeitliche Anteil des Schwimmens gerade ab der Mitteldistanz ist doch recht gering. Für viele Triathleten ist das Schwimmen die Problemdisziplin, entweder, weil sie es erst spät erlernt haben, nur wenig Spaß daran haben oder einfach keine guten Trainingsmöglichkeiten in ihrem Umfeld vorfinden. Wenn man also zum nächsten Bad lange unterwegs ist, evtl. noch mit ungünstigen Öffnungszeiten oder lebenden Bojen dort zu kämpfen hat, so ist klar, dass der Aufwand für eine solche Trainingseinheit in keinem guten Verhältnis zum reinen Leistungsgewinn steht. Doch selbst wenn das infrastrukturelle Umfeld und die Trainingsmöglichkeiten ideal sind, beispielsweise ein Fitnessstudio direkt vor Ort, Pezziball, Sling-Trainer und Freihanteln in der eigenen Muskelkammer zu Hause und viele crossfittende Freunde im Bekanntenkreis: Wer dem Athletiktraining nichts abgewinnen kann, dessen Motivation wird schnell sinken, sobald dieser Athlet zu einem „Kraftblock“ verdonnert wird. Dann ist in diesem Fall der psychologische Aufwand einfach zu groß. Der Athlet verliert nicht nur den Spaß und seine Motivation, sondern auch seine Leistung wird unter diesen Umständen bestenfalls stagnieren.Die meisten Menschen sind nicht „ausgeglichen“, sondern haben von Natur aus unterschiedliche Voraussetzungen und Eigenschaften, Bereiche, in welchen sie gut trainierbar sind und rasche oder große Fortschritte erzielen, aber eben auch andere, in denen ihre Zugewinne marginal sind und bleiben. Eine Schwäche bietet also nur dann Potential, wenn der Athlet eine einfache Möglichkeit (Infrastrukur, Logistik) hat passende Trainingsreize (Einheiten, Methoden, Übungen) zu setzen, diese gerne ausführt (Spaß daran hat oder findet) und vor allem aber auch überhaupt darauf anspricht (Genetik).
Genauso verhält es sich auch mit den Stärken. Zwar kann man zu Recht behaupten, dass die Luft nach oben hin dünner wird, doch kann es durchaus sein, dass das Individuum in seiner Stärke noch deutliche Fortschritte erzielen kann, weil es eben diesbzgl. „gesegnet“ ist oder einfach die „Leidenschaft“ mitbringt, die dazu notwendig ist.
Im Sinne eines effektiven, leistungsorientieretem, aber auch (Ressourcen) schonendem Trainings (ELSCH-Prinzip) ist es daher immer, sich nicht an den Stärken oder Schwächen zu orientieren, sondern die Bereiche zu suchen, die das meiste Potential bieten, verhältnismäßig geringen Aufwand erfordern und natürlich Spaß machen.